Predigt zum Fronleichnamsfest 2010 in Mainaschaff

Liebe Schwestern und Brüder! Wer sitzt mit Jesus am Tisch?

Da ist Petrus, ein Fischer, der als Menschenfischer für Jesus werben soll. Noch in der Nacht nach dem Abendmahl beteuert er aus lauter Angst dreimal: ich kenne diesen Menschen nicht! Das klingt wie ein Ehrenwort, das gebrochen wird.

Dann ist da Judas aus Karioth. Er verrät Jesus noch in dieser Nacht und bekommt dafür 30 Silberlinge. Schon beim Mahl hatte es Jesus vorausgesagt.

Dann sind da Johannes und Jakobus, die sogenannten Zebedäus-Söhne. Ihre Mutter Salome hatte Jesus zuvor gebeten, er möge ihnen im Himmel die ersten Plätze geben. Jesus weist diese unfaire Vorteilssuche zurück. Von besonderen Vorzügen dieser beiden weiß die Bibel ansonsten nichts.

Außerdem ist da Thomas, der seinen Glauben an die Auferstehung Jesu von einem handfesten Beweis abhängig macht und daher als der schlechthin Ungläubige in die Geschichte eingeht.

Oder denken wir an Matthäus, den Zöllner. Zöllner werden immer ein einem Atemzug mit den Sündern genannt. Sie gelten als betrügerisch und geldgierig. Trotzdem darf Matthäus am Abendmahl teilnehmen.

Von den anderen Aposteln: Andreas, Philippus, Bartholomäus, Jakobus, Thaddäus und Simon aus Kana darf man sagen, dass sie eher unbedeutend sind. Erst eine spätere Zeit verherrlicht sie in Legenden. Es ist die Zeit, als die Bischöfe anfangen, sich als Nachfolger der Apostel zu verstehen.

Es sind alles keine Helden, die da am Tisch Jesu sitzen, nicht einmal getauft sind sie. Trotzdem dürfen sie am Abendmahl teilnehmen.
Und wen schließen wir heute vom Tisch des Herrn aus?

Genau die, die Jesus an den Tisch geholt hat! Die Kirche hat heute einen sehr engen Rahmen gesteckt für die Teilnahme an der Eucharistie. Wer diesen Rahmen sprengt, bekommt Ärger mit der Kirchenleitung.

Der Zugang zur Eucharistie bleibt versperrt allen, die nicht getauft sind; allen, die zwar getauft sind, aber aus der Kirche ausgetreten sind; allen, die nach der Scheidung in zweiter Ehe verheiratet sind; allen Getauften, die einer anderen als der katholischen Konfession angehören; allen, die in wesentlichen Lebensfragen nicht nach den Vorschriften der Kirche leben.
Damit verzichtet unsere heutige eucharistische Praxis auf jene Weite und Einheit stiftende Wirkung, wie sie im Neuen Testament noch erscheint. Die Bischöfe haben selbstverständlich Gründe – ernst zu nehmende Gründe, so zu verfahren, wie sie verfahren. Allerdings muss die Frage erlaubt sein, ob hier auf Dauer nicht auch ein Umdenken möglich ist.

Wie könnte unser Gottesdienst vielleicht auch aussehen?

Würde es dem neutestamentlichen Verständnis der Eucharistie widersprechen, wenn man ein Mahl der Gemeinschaft feiern würde mit allen, die an Christus glauben? Alles, was die Menschen zusammenbringt, ihr Miteinander stärkt, ihre Grenzen überwindet, Gastfreundschaft eröffnet, ist dem Wesen der Eucharistie nicht fremd. Auf keinen Fall dürfte es sein, dass eine übertriebene Ehrfurcht vor der Heiligkeit des Sakramentes die Menschen auseinander dividiert. Denn das Sakrament ist für die Menschen da!

Mit unserer heutigen Fronleichnamsprozession, mit dieser ‚Demonstration’ wollen wir zum Ausdruck bringen, dass eine christliche Gemeinde stets aus der Tischgemeinschaft mit Jesus Christus lebt, sich dabei nicht in sicheren Behausungen ‚einkuschelt’ und das ‚Lebensbrot’ für sich alleine behält und aufbewahrt.
Nein – die pilgernde Kirche braucht stets die Nähe zu allen Menschen, die unterwegs sind auf der Suche nach Lebenssinn, nach Freiheit, Gesundheit, Frieden und Brot.

Mit der Fronleichnamsprozession wollen wir also immer auch die Nähe Gottes zu uns Menschen heute ‚demonstrieren’, bezeugen und so für andere Menschen zur Hoffnung werden. Unsere Prozession mit der Monstranz möchte erfahrbar machen: Wir sind und gehen den Weg durch die Zeit als Kirche, als Gemeinschaft, die alle einlädt und allen zuruft: „Kommt und seht, wie gut der Herr ist! Die wahre ‚Monstranz’ Christi – das sind wir alle, die an ihn glauben und mit ihm unterwegs sind.“ Amen.

Georg Klar

Pfarrer St. Margaretha
Mainaschaff