Büttenpredigt in St. Margaretha, Mainaschaff

am 19. Februar 2012

Ihr lieben Schwestern, liebe Brüder,

die Faschingszeit, die herrscht nun wieder.
Man nennt sie Fastnacht, Karneval
und feiert sie – fast! – überall.

Narrenzeit ist ausgebrochen,
bringt die ganze Welt zum Kochen,
Alt und Jung und Groß und Klein!
So ist’s gut, so muss es sein!

Denn die Welt und ihre Leut’
brauchen sie, die Narrenzeit –
diese Zeit, die allen Leuten
Freud und Frohsinn will verbreiten.

Auch ich setz auf die Narrenmütze,
damit sie mir beim Predigen nütze.
Mit einem Lächeln im Gesicht
sich vieles gleich viel leichter spricht.

Ich wünsch mir, dass die Büttenrede
ans Herz euch geht und euch bewege.
Wer liegen bleibt, der schnell verstaubt,
Beweglichkeit ist heut erlaubt.

Das passt zur Frohen Botschaft, wo
Gelähmte werden richtig froh.
Gelähmt zu sein ist gar nicht niedlich,
die Lähmungs-Formen unterschiedlich.

Die Lähmung kann den Körper plagen,
doch sehen wir in diesen Tagen,
dass auch noch mehr gelähmt sein kann,
gefährdet ist da jedermann.

Ganz anders Jesus, Mann der Tat:
er macht gesund, er heilt, gibt Rat.
Gibt Antwort selbst noch auf die Fragen,
die wir zu stellen all kaum wagen.

Nun – reden wir nicht drum herum:
ne Wucht, dies Evangelium!
Wir wissen schnell, worum es geht,
und ahnen auch, wie’s um uns steht.

Ja, Jesu Frage – provokant,
was leichter sei in diesem Land:
Den Kranken von der Krankheit lösen?
Ihn zu befrei’n von Sünd’ und Bösem?

Für Jesus – klar – in Gottes Namen
gehörte beides eng zusammen.
Doch das Gehirn der Pharisäer –
das war gelähmt wie schon seit jeher.

Im letzten Jahr man spielte so
von Benedikt bis Wulff und Co.
Deutschlandbesuch war angesagt.
Heraus kam nix, Gott sei’s geklagt.

Die Spesen rissen uns vom Hocker:
30 Millionen macht’ man locker,
genau so viel blecht Vater Staat
für Schutz- und Ordnungsapparat.

Der deutsche Papst im deutschen Land
so vielen gab er gern die Hand,
auch schließlich dem, den jeder kennt:
Christian Wulff, Ex-Präsident.

Hier Präsident, dort Heiligkeit –
man traf sich nicht zum Zeitvertreib.
Wulff hatte Fragen, ungelegen,
wie sie auch Kirchentreue hegen:

Wird Zölibat bald abgeschafft,
weil eine Priesterlücke klafft?
Gemeinden sind anämisch krank,
blutleer und ohne Kraft im Tank.

Ungelöst die Frauenfrage –
dies Thema bringt kaum mehr in Rage,
weil bald die Letzte macht in Ruh
enttäuscht die Kirchentüre zu.

Dann fragt der Wulff ganz höflich an,
wie Ökumene kommt voran,
ob es nicht Zeit wär’ für Reformen
statt nur zu pochen auf die Normen.

So stellte Wulff all seine Fragen.
Ob drauf der Papst ein Wort würd’ wagen?
Doch Benedikt schwieg ungeniert.
Der Präsident, er schien blamiert.

Ach nein! Er hat vom Papst gelernt.
Kaum hatt’ sich der nach Rom entfernt,
schwieg Wulff auf nicht genehme Fragen,
fromm wie der Papst, wollt’ er nichts sagen.

Kritik an ihm, sie wurde laut.
Auf falsche Freunde er gebaut.
Kein Wunder, dass er gehen muss,
dem Amt jedoch bracht es Verdruss.

Jetzt hoffen wir auf einen neuen,
wir können uns auf ihn nur freuen,
wenn Anspruch und auch Wirklichkeit
geh’n Hand in Hand zu jeder Zeit.

Jedoch zurück zum Papstbesuch,
auch andre machten den Versuch:
so Lammert, Vogel und Schavan.
Doch keine Frage ließ heran

Papst Benedikt, der Philosoph,
verweigert jeden Dialog.
Vermeidet ängstlich den Begriff,
von da an geht so manches schief:

Statt sich mit Luther zu versöhnen,
kommen aus Erfurt schwache Töne.
Mit Ängstlichkeit und großem Zagen
will unser Papst nichts Neues wagen.

Die große Chance ist verpasst,
als säß’ man nicht auf gleichem Ast
mit allen Christen auf der Welt,
auch die man zu Reformern zählt.

Statt unsre Hoffnung zu erfüllen
auf Einheit, also Christi Willen,
sagt er nun kategorisch Nein
zur Einheit – nein, die kann nicht sein!

Dabei wär Einheit grad so wichtig,
damit das Zeugnis würd’ gewichtig,
das wir doch allen Menschen allen schulden.
Wir wollen nicht noch länger dulden!

Gemeinsamkeit statt immer Streit,
zum Aufbruch für die Christenheit,
um auch Europa zu begleiten,
ganz kritisch in den schweren Zeiten.

Das Abendland ist weit entfernt
christlich zu sein, wie wir’s gelernt:
Den Armen fehlt Gerechtigkeit,
den Flüchtlingen die Gastlichkeit.

Den Klimawandel gilt’s zu steuern,
ansonsten wird das Leben teuer.
Die Schöpfung gilt es zu bewahren
und nicht am falschen End zu sparen.

Gerade hier wär’ Einheit nötig
von allen Christen, treu und stetig.
Die Unterschiede nicht so wichtig,
jedoch das Zeugnis immer richtig.

Doch ohne Regung und Erröten
sagt unser Papst: „Wir müssen beten!
Die Einheit stiftet Gott allein;
wir müssen gar nicht tätig sein.“

Hier irrt der Papst, sonst unfehlbar,
denn unten, das ist sonnenklar,
da wird die Vielfalt längst getragen,
in Rom blockiert man alle Fragen.

Wie es Geschiedenen ergeht?
Ganz ungelöst ist dies Projekt.
Nicht überall, das ist betrüblich,
nicht überall wie bei uns üblich,

nicht überall sind sie willkommen,
woanders dürfen nur die Frommen
nach vorne gehn, mit offner Hand,
bei uns auch Sünder – Gott sei Dank!

Das alles hat mit Macht zu tun.
Doch die Kritik lässt uns nicht ruh’n:
Macht bleibt immer ungereimt,
wenn Zwang und Unrecht sie vereint,

wenn man der Freiheit dann misstraut
und Rom ganz oft auf Spitzel baut.
Auch unserm Bischof wird verraten,
was mancher Pfarrer tut so wagen.

Sturer Gehorsam Richtung Rom
schafft das Reform-Stau-Reiz-Syndrom.
weil manche nur dem Papst ergeben
verlier’n Gemeinden Lust am Leben.

Der Papst lies noch ein Wort zurück: „Entweltlichung“.
Doch welch ein Glück,
blieb sein Geheimnis, was es sollte…
Man Kirchensteuer streichen wollte?

Kirchenbürokratie beenden?
Nicht sinnlos Kräfte zu verschwenden?
Gar auf Pomp und Prunk verzichten?
Das Geistliche ganz neu gewichten?

Sich voll auf Jesu Wort besinnen?
Endlich von vorne zu beginnen?
Das Evangelium ernst zu nehmen…?
Ach, weit gefehlt, tut euch nicht grämen:

„Entweltlichung“ meint nicht die Hirten,
sondern euch unten, die Geführten.
„Lau“ hat euch ja der Papst genannt,
wie schales Salz im deutschen Land.

Ihr seid, so Benedikt, der Grund
für Kirche und des Glaubens Schwund,
weil ihr euch dem Genuss ergeben,
in der Moral liegt oft daneben,

den Katechismus nicht beachtet,
die Kirchentradition missachtet.
„Das Heil, es kommt allein aus Rom…!“
Den Vers, den kennen wir doch schon!

Ach, Benedikt, was du willst sagen,
das liegt uns allen schwer im Magen.
Ich glaub, nur bei erneuerter Struktur
wirkt Jesu heilende Kultur.

Vierfach sei meine Antwort heute –
so kann die Kirche sein, ihr Leute:
frisch und fromm und fröhlich, frei,
wie einst bei Jahn die Turnerei.

Fromm, nicht frömmlerisch, vertrauen
und auf Gottes Weisung bauen,
im täglich Dienst und im Gebet,
erkennen, was sein Geist uns rät.

Fröhlich leben, ohne Enge,
ohne bischöfliche Zwänge.
Weit offen steht das Gottesreich,
wir sind doch alle in ihm gleich!

Fröhlich feiern alle Feste,
genießen ist das Allerbeste
als Vorgeschmack zu neuem Leben,
wie es uns Jesus vorgegeben.

Frei schafft Gott in allen Welten,
Freiheit wohnt in Häusern, Zelten.
Jesus schenkt den freien Geist,
der uns all Geschwister heißt.

Und was betrifft die Ehrlichkeit:
Ich hab für diese Predigt heut
zwei, drei Gedanken mir geliehen
vom Breitenbach – mir sei’s verziehen!

Obwohl wir Priester allenthalben
für uns das letzte Wort behalten,
weil das bei uns ist halt so Sitte,
so akzeptiert nun meine Bitte:

Es mög’ heut geben nur ein „wir“!
Wenn übereinstimmt ihr mit mir,
lad‘ ich euch ein, ihr Herrn und Damen,
ruft ihr das letzte Wort! – Sagt: „AMEN!“

Georg Klar
Pfarrer St. Margaretha
Mainaschaff