Büttenpredigt in St. Margaretha, Mainaschaff am 6. März 2011

Ihr lieben Schwestern, liebe Brüder,

von hinten komm’ ich heuer wieder
herein in dieses Gotteshaus,
wo ich ja gehe ein und aus.

Erbaut vor vielen, vielen Jahren –
in Russland herrschten noch die Zaren –
seither hier Menschen beten, singen,
zum Lobe Gottes Lieder klingen.

Mit Stein, Zement und ganz viel Sand
erbaut ist diese Kirch’ ein Band
von früher bis zu uns hier allen.
Gott möge unser Lob gefallen!

Und da beim Sand wir grade waren,
ich bringe ihn im großen Karren.
Ihr könnt es sehen und euch fragen:
was das nun soll uns allen sagen?

Von Fels und Sand wir hörten reden
das Evangelium grade eben.
Worauf nun wir die Kirche bauen,
das möcht’ ich mir mit euch beschauen.

Es scheint, es überwiegt der Sand,
die Kirche ist bis an den Rand
gefüllt mit Schwächen, Fehlern, Sünden.
Die Presse täglich tut’s verkünden.

So viele Laster und Skandale,
so viel an Schuld unter der Schale
von Frommsein und von Heiligkeit.
Der Schein, er trügt zu mancher Zeit.

Es spürt, wer unsre Kirch’ anschaut:
nicht nur auf Fels ist sie gebaut.
Die Büttenpredigt soll uns allen
den Spiegel vor die Augen halten.

Ich will auf Kirchenschwächen deuten –
ein gutes Recht in Fastnachtszeiten.
Ich mein’ es ernst, auch wenn ihr lacht,
hab jeden Satz sehr gut bedacht.

Hab alles ganz allein verfasst –
kein Plagiat, damit es passt…
Ich habe nirgends abgeschrieben,
muss darum auch zurück nicht treten.

Doch vorsichtshalber will ich tragen
den Narrenhut, denn der will sagen:
Heut darf ich reden – offen, frei.
Der Papst ist mir heut einerlei…!

Ich nehm’ vor meinen Mund kein Blatt.
Viel unsrer Kirch’ geschadet hat
im letzten Jahr an vielen Tagen;
wir mussten uns mit manchem plagen.

Denn was geschehen allerorten,
nicht zu beschreiben ist’s mit Worten:
Geschändet wurden Mädchen, Knaben,
um Kirchenmänner’s Lust zu laben.

Frei von Gefühl für Schuld und Reue,
indes mit Theologenschläue
sie ihre Taten ohne Ehren
ganz heimlich untern Teppich kehren.

Und ihre Gönner tun beizeiten
stets neue Teppiche ausbreiten.
Wer diesen Kirchenmännern traut,
der hat sehr wohl auf Sand gebaut!

Denn Jesus sagt es diesen „Frommen“:
„Nicht alle in den Himmel kommen!
Wer Gottes Wort erfüllt allein,
verdient am End’ den Heil’genschein!“

So manchen drückt mit viel Beschwerden
sein Heil’genschein schon hier auf Erden,
er sitzt zu eng, es droht Migräne,
schon sieht man kullern eine Träne.

Ganz ehrlich, sag ich euch, ihr Frommen,
die ihr wollt in den Himmel kommen,
ich sag euch: lasst das „heilig scheinen“ –
darüber muss der Himmel weinen.

Stattdessen strebt nach Heiligkeit
in menschlicher Bescheidenheit.
Wer Gott, dem Allerhöchsten traut,
der hat auf keinen Sand gebaut!

Bescheidenheit ist eine Zier,
doch weiter kommt man ohne ihr –
so denkt und redet schon einmal
Brandmüller Walter, Kardinal.

Vor kurzem erst vom Papst ernannt,
schwingt gleich den Hammer in der Hand.
Bisher ein unbekannter Tropf,
die Ehre steigt ihm schnell zu Kopf.

Sein Blick fällt auf die CDU.
Und ausgerechnet hier im Nu
macht er die Kirchenfeinde aus;
von Piusbrüdern kommt Applaus.

Denn sieben war’ns aus der Union,
Politiker, ihr wisst es schon,
ganz kluge Männer und auch Frauen,
sie wollten in die Zukunft schauen.

Im Brief – ein echtes Meisterwerk
von Althaus, Kues und Kronenberg,
Schawan und Teufel, Vogel, Lammert –
da wird beileibe nicht gejammert.

Aus Lieb zur Kirch’ sie wollten wagen,
den Bischöfen was vorzuschlagen:
Die sollten doch mal überdenken
so manches, was man könnt’ sich schenken,

um all die Not in den Pfarreien,
wo Christen laut um Hilfe schreien,
doch endlich einmal wahrzunehmen
statt sich im Alten zu bequemen.

Sie luden ein zur Lösungssuche;
die Weisheit stünde nicht im Buche,
doch niemand bräuchte zu verzagen,
die Lösung wär’: den Aufbruch wagen!

Da aber sprach der Kardinal:
„Ihr spinnt ja wohl! Jetzt schweigt einmal!
Ihr könnt doch nicht in Kirchenfragen
irgendwas Kompetentes sagen.

Nur Papst und Bischöfe allein,
und niemand mische sich da ein:
Wo kämen wir denn da nur hin,
wenn jeder, was ihm käm’ in Sinn,

das laut und deutlich sagen würde?
Wo bliebe da des Amtes Würde?
Nein! Soll das Volk mal lieber schweigen,
sonst werden wir es ihm schon zeigen!“

Wie überheblich, arrogant,
sind solche Worte – penetrant
die Ignoranz, die daraus spricht.
Was ist das für ein armer Wicht,

der glaubt, dass er allein bestimmt,
wer Stellung in der Kirche nimmt?
Wer sich so überheblich reden traut,
der hat sein Haus auf Sand gebaut!

Doch leider ist der Kardinal
in unsrer Kirch’ kein Einzelfall.
So will, wenn Theologen etwas sagen,
manch’ Bischof sie zum Teufel jagen.

Ihr habt gehört, ihr habt gelesen,
vor ein paar Wochen war’s gewesen:
mehr als zweihundert Theologen,
die spannten einen großen Bogen

vom Zölibat bis hin zur Freiheit
und bis zu aller Christen Gleichheit.
Das war den Bischöfen zuviel,
sie meinten gar, das sei kein Stil,

als Theologen so zu reden;
statt reden sollten sie doch beten,
dass Gott, um Kirchennot zu wenden,
vom Himmel mög’ mehr Priester senden.

Welch Torheit klingt aus diesen Worten,
man findet sie an vielen Orten.
Nicht nur im Vatikan in Rom,
nein, auch in manchem deutschen Dom

erinnert manche Bischofweisheit
nicht unbedingt an große Klugheit.
Statt mutig in die Zukunft gehen
heißt die Devise: „Erst mal sehen…!“

Ja, erst mal sehn, ob nicht die Polen
die Kohlen aus dem Feuer holen.
Willkommen, Inder, Afrikaner –
verkünden jetzt die Kirchenplaner –

kommt und füllt die vielen Lücken –
der Bischof jauchzt schon vor Entzücken –
ihr seid willkommen, Gastarbeiter!
Doch auf der Karriereleiter

bleibt ihr doch bitte unten stehen –
das werdet ihr doch wohl verstehen!
Und wenn, was wir ja nicht erwarten,
auch deutsche Priester wieder starten,

dann werdet sicher ihr nicht klagen
wenn wir euch dann ganz deutlich sagen:
„Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan.
Ihr könnt jetzt gehn – lasst Deutsche ran!“

Wer solchen Kirchenplanern traut,
der hat sehr wohl auf Sand gebaut!
Denn solch ein Umgang mit den Leuten
verbietet sich zu allen Zeiten!

Auch wenn es hagelt die Beschwerden,
ganz munter Pfarrgemeinden werden
zu einer „Pfarreiengemeinschaft“ geformt.
Ja, die Struktur, sie wird genormt,

als gäbe es nicht klein und groß,
Besonderheiten ganz famos,
ein jedes Dorf mit Tradition –
doch welche Rolle spielt das schon?!

Mir scheint, am Reißbrett und mit Schnur,
am Schreibtisch und mit Zahlen nur
will die „Versorgung“ groß man schreiben –
die Menschen auf der Strecke bleiben.

So geh’n Pfarreien nur zugrunde –
die Klage dringt aus meinem Munde –
so werden Pfarrer aufgerieben
und ganze Dörfer abgeschrieben.

Statt Arbeit mehr zu geben jedem
sollt unsre Kirch’ mal überlegen,
ob nicht auch andere tolle Leute
wär’n gute Priester grade heute,

die dann mit Frau und eignen Kindern
auch kompetenter wär’n nicht minder
und die Verständnis dann bewiesen
für Fehler, Sünden und auch Krisen.

Dabei wär’n auch und grade Frauen,
um in die Zukunft mal zu schauen,
so nötig wie das täglich Brot.
Ne Priesterin – das wär was, Gott!

Doch statt auf Zukunft zu verweisen,
die Kirche setzt auf alte Eisen.
Wer „nur“ der Tradition vertraut,
der hat doch wohl auf Sand gebaut!

Denn Leben ist Lebendigkeit;
für Neues ist es höchste Zeit.
Das hat mit Mode nichts zu tun.
Doch auf dem Alten auszuruhn

verbietet uns der Weg des Herrn.
Manch’ Bischöf hören das nicht gern.
Sie ließen lieber es beim Alten,
den Glauben einfach nur verwalten.

Der Glaubensfels, das Fundament,
behaupten sie ganz vehement,
der sei zu sehn im Petersdom,
im Fels des Petrusamts in Rom.

Auf diesem Fels man sollte bauen,
zweitausend Jahr er wurd’ behauen,
so dass man sich nicht täuschen kann,
der Papst allein ist Christi Mann.

Bei manchem Papst ich hätt’ da Sorgen,
der fühlte eher sich geborgen
in Reichtum, Macht und Eitelkeit,
als dass er war zur Lieb’ bereit.

Nur wer mit Liebe füllt sein Leben
und will nicht über andern schweben,
nur wer auf Gott und Menschen schaut,
der hat sein Haus auf Fels gebaut.

Jedoch auch unter Päpsten gibt es
so manchen Papst, der gerne liebt es,
die Kirchenfenster aufzumachen –
da hat der Heil’ge Geist gut lachen.

Johannes Nummer dreiundzwanzig
der war so einer, jung wie zwanzig,
der traute sich den Traum zu träumen,
mit alten Zöpfen aufzuräumen,

den Dialog mit allen wagen,
nicht aufzugeben, nicht verzagen,
gemeinsam an der Zukunft bauen,
auf Gottes guten Geist vertrauen.

Er ist noch heute Vorbild allen,
die nicht zurück ins Alte fallen,
die Kirche bauen auch mit Sündern,
mit Frauen, Männern, vielen Kindern,

die offen sind und offen denken,
ihr Herz an Arme, Kranke schenken,
die frohgemut und frei und heiter
gehn Schritt für Schritt – doch immer weiter.

Das ist die Kirche, die vertraut,
die nicht auf Sand die Zukunft baut,
die vielmehr schätzt den Fels der Liebe:
die Gottes- und die Nächstenliebe.

Denn beides hängt ganz eng zusammen,
so bauen wir in Gottes Namen,
die Kirch’, die fest gegründet ist
auf unsrem Meister Jesus Christ.

Das soll der Geist sein, der bestimmt,
der allen Ungeist von uns nimmt.
Statt Gängelei und Standesdenken
soll Liebe unsere Kirche lenken.

Wer Gott, dem Allerhöchsten traut,
der hat auf keinen Sand gebaut!
Der baut die Kirch auf Jesus Christ,
den Fels, der nichts als Liebe ist.

Obwohl wir Priester allenthalben
für uns das letzte Wort behalten,
weil das bei uns ist halt so Sitte,
so akzeptiert nun meine Bitte:

Es mög’ heut geben nur ein „wir“!
Wenn übereinstimmt ihr mit mir,
lad‘ ich euch ein, ihr Herrn und Damen,
ruft ihr das letzte Wort! – Sagt: „AMEN!“

Georg Klar
Pfarrer St. Margaretha
Mainaschaff