Vom 19.02.2023
Ihr lieben Schwestern, liebe Brüder,
von hinten komm’ ich heut’ mal wieder
herein in dieses Gotteshaus,
wo wir stets gehen ein und aus.
Ihr alle, die ihr heut’ gekommen,
die Lauen grad so wie die Frommen,
die Kleinen grad so wie die Großen,
die in den Röcken, in den Hosen,
die angemalt sind und maskiert,
mit Schmuck und Federn sind verziert,
doch auch die andern – ganz Normale –
willkommen hier im Kirchensaale…!
Narrenzeit ist ausgebrochen,
bringt die ganze Welt zum Kochen,
Alt und Jung und Groß und Klein!
So ist’s gut, so muss es sein!
Denn die Welt und ihre Leut’
brauchen sie, die Narrenzeit –
diese Zeit, die allen Leuten
Freud und Frohsinn will verbreiten.
Corona uns in Atem hielt,
hat auf die ganze Welt gezielt.
Kein Fasching und kein Karneval,
kein Tätärä mit lauten Schall.
Stattdessen war der Abstand wichtig,
und Vorsicht, sie war wirklich richtig!
Doch endlich scheint es nun besiegt,
das Virus, das die Welt bekriegt.
Nun endlich wieder, da rumort’s,
an Main und Rhein und vielerorts.
Und was da gilt in großen Städten,
mit Prinzenpaar und Elferräten,
das ist bei uns der Fasching heut,
was Oscheffer und Steckster freut!
Bis Aschermittwoch Blödsinn machen.
Senioren schunkeln, tanzen, lachen.
Die Gaudiwürmchen unsrer Kinder,
sie war’n die besten Freudenkünder.
So kam auch Oscheffs Bürgermeister,
der Moritz Sammer, ja, so heißt er,
als Astronaut beim Gaudiwurm –
es nützte nichts beim Rathaussturm.
Doch sein Kostüm, es zeigt euch gern:
er kommt doch nicht vom anderen Stern.
Denn Stockstadt so wie Mainaschaff
gehör’n zusammen – das ist tough,
und da, wo etwas nicht gelingt,
der andre in die Bresche springt.
Die Kirch’ in Oscheff ist geschlossen,
das macht uns lang noch nicht verdrossen,
wir sind zu Gast mit frommen Scharen
drum heute hier bei Stockstadts Narren.
Ja, meine Freud will nicht verhehlen:
Auf euch, die Steckster, kann man zählen…!
Doch, lieber Bürgermeister Sammer,
hast du denn nicht in deiner Kammer
noch ein Kostüm vielleicht zuviel?
Wär’ fast gekommen in Zivil,
der gute Steckster Bürgermeister,
Rafael Herbrik, ja, so heißt er.
Wenn ihr zwei gut zusammenhaltet,
gemeinsam Zukunft mitgestaltet,
dann jede Tracht steht euch recht gut.
Euch ein Applaus und frohen Mut…!
Zu dir, Anita, bin entzückt,
wie ihr die Kirch’ für heut’ geschmückt,
die Steckster, Petra und auch Dieter,
sie halfen dir auch diesmal wieder.
Es stimmt, hier in der Kirche ist es kalt,
doch euer Schmuck, der schafft es halt,
dass man sich gleich viel wärmer fühlt,
Applaus für euch, mit viel Gefühl…!
Auch Oliver, der Praktikant,
ist schon bekannt bei uns im Land.
Ich freu mich, dass du bist gekommen.
Wir sagen all: Sei uns willkommen…!
Ich möcht’ grad heut in diesen Tagen
der Karin auch mal „Danke“ sagen
für alles, was sie für uns tut,
für alles, wo sie niemals ruht,
die Liebe Gottes bringt uns nah –
das alles ist so wunderbar!
Drum soll Applaus jetzt von uns allen
ihr bis ins Herz hinein erschallen…!
Doch nun ganz kurz auch noch zu mir,
ich weiß, ich bin heute keine Zier.
Drum will ich euch dazu was sagen,
ich klär euch auf – nur nicht verzagen!
Vielleicht verwundert meine Kleidung,
ihr kennt mich anders aus der Zeitung,
als Arzt, als Gärtner, Bauarbeiter,
als Menschenfischer, Mönch – ganz heiter
kam ich auch mehrmals schon als Narr,
wie früher das so üblich war.
Denn Narren ist’s doch vorenthalten,
uns all’n den Spiegel hinzuhalten.
War öfter schon ein rechter Bengel,
doch heut – komm’ ich als Friedensengel.
Ihr seht’s mir an, bin leicht lädiert,
mein Heil’genschein ist demoliert,
die Federn, Flügel ganz zerzaust,
bin dennoch zu euch hergesaust.
Als Friedensengel hat man’s schwer:
am Hass der Welt, da leid ich sehr.
Ich schau mich um, ihr meine Lieben,
wo ist geblieben nur der Frieden,
der Ländern, Völkern aufgetragen ist?
So fragt der Mensch, so fragt der Christ.
Stattdessen macht sich Terror breit,
für Menschlichkeit ist keine Zeit.
Denn wer von uns hätt’ das gedacht,
dass wieder Krieg kommt über Nacht?
Nicht irgendwo am Rand der Welt,
nein, hier bei uns, in unserm Zelt,
im Haus Europa, mittendrin,
da gibt’s nun Krieg ganz ohne Sinn.
Die Ukraine war ein Land,
wo Freiheit schon in Blüte stand,
die Freiheit wurde nun genommen,
weil Putin in das Land gekommen.
Was in der Ukraine da geschieht,
schockiert doch jeden, der es sieht.
Wo Bomben fall’n auf Frau’n und Kinder,
auf Kranke, Alte auch nicht minder.
Das ist kein Krieg auf Augenhöhe!
Ich könnt’s versteh’n, wenn jeder flöhe
aus jenem Land in Sicherheit,
wo neue Hoffnung macht sich breit.
Doch halten viele Menschen aus,
ich sag’ es einmal frei heraus:
So viel an Tapferkeit und Mut.
Das tät’ auch hierzulande gut…!
Denn wenn das Herz wird hart wie Stein,
dann wird es uns nicht möglich sein,
Gemeinschaft hier am Ort zu leben,
dann wird die Welt von Hass erbeben.
Am Ukraine-Krieg wir sehen,
welch schlimme Dinge könn’n geschehen.
Wenn wir nicht wach durchs Leben wandeln,
bestimmen Andre unser Handeln.
Ja, wach zu sein ist Christenpflicht,
dass böse Geister haben nicht
am End’ die Überhand gewonnen,
und zwischen Fingern uns zerronnen
die Herzlichkeit, Großzügigkeit,
die Toleranz und Menschlichkeit.
Wo Menschen Hass und Feindschaft schüren,
da gilt’s beizeiten sich zu wehren,
da müssen wir zusammenstehen
einander helfen hinzusehen,
dass wir gemeinsam Sorge tragen,
dass keiner muss vor Angst verzagen.
Und dennoch, liebe Schwestern, Brüder,
die Faschingszeit, die herrscht nun wieder.
Doch Schritt für Schritt gilt’s auszuloten:
Ist da mehr Ernst denn nicht geboten?
Sind in der Kirche überhaupt
Humor und Lachen jetzt erlaubt?
Darfs da ‘ne „Büttenpredigt“ geben?
Geht das nicht doch vorbei am Leben?
Klingt das denn nicht nach Blasphemie?
Wer übernimmt die Garantie
dass ihr die Reime gut versteht
und wirklich ahnt, um was es geht?
Ob Fasching, Fastnacht, Karneval,
dahinter steckt doch allzumal
des Menschen Wunsch, trotz vielem Leiden
das Böse aus der Welt zu treiben.
So haben diese tollen Tage
der Welt ganz Wichtiges zu sagen:
Ihr lieben Christen, hört mir zu!
Auch heut’ lass ich euch nicht in Ruh.
Denn reden wir nicht drum herum –
‘ne Wucht, dies Evangelium!
Wir wissen schnell, worum es geht,
und ahnen auch, wie’s um uns steht.
Wir sollen unsre Feinde lieben,
nicht nur die Nächstenliebe üben.
Den Feind zu lieben – ist das möglich?
Ist dies Bemühen nicht vergeblich?
Ist das nicht ein Verrat am Guten,
wenn in der Ukraine Menschen bluten?
Muss man nicht bieten seine Stirn,
wenn Putin da mit krankem Hirn
Hass, Krieg und Terror tut verbreiten?
Muss man nicht einschreiten beizeiten?
Muss man da nicht doch liefern Waffen,
um dem, der wieder nur will raffen,
um Putin Einhalt zu gebieten,
der mit den Oligarchen und Banditen
Zigtausende tötet, hasserfüllt,
und jeden Einwand niederbrüllt?
Wie viel Verblendung gibt es doch!
Sie gab es immer – jetzt jedoch
ist wieder mal ein Maß erreicht,
dass mir das Herz wird schwer, nicht leicht.
Statt wie der Krieg mit Tod und Schrecken
will alte, böse Geister wecken,
da woll’n wir lieber hier auf Erden
einander doch zum Segen werden…!
Doch meint die Feindesliebe auch:
dahinter schaun – ein guter Brauch –
ich frage mich, nun gebt mal acht:
wer hat den Feind zum Feind gemacht?
Wer ist ins Hirn da eingedrungen?
Welch’ Teufel hat den Mann gezwungen,
so blind und grausam dort zu handeln,
statt menschlich durch die Welt zu wandeln?
Es fängt stets an mit bösen Worten,
die dann an ganz verschied’nen Orten
zu grausam-bösen Taten werden.
So ist das immer hier auf Erden.
Doch Vorsicht, Georg, sag ich mir,
Besonnenheit ist eine Zier.
Denn auch in unsrer Kirche – nein –
da ist nicht alles gut und fein.
Man hört und liest es überall,
der Kindesmissbrauch, Fall für Fall,
ist nicht nur eine Peinlichkeit,
er ist vielmehr: Unmenschlichkeit.
Denn Kinder, die uns anvertraut,
auf die Gott voller Liebe schaut,
die dürfen keine Opfer werden,
von Macht und anderen Gebärden.
Wahr ist, dass alle diese Täter,
die Kinderschänder, Missetäter,
ob Priester, Bischof oder Nonne,
für unsere Kirch’ sind keine Wonne…!
Durch solche Taten wird verstellt
der Blick auf Gottes neue Welt,
in der ein jedes Kind geliebt.
Ich hoff’, dass Gott uns DAS vergibt…!
Du, Papst Franziskus, Freund und Bruder,
seit vielen Jahren bist am Ruder
des Schiffleins, das sich Kirche nennt.
Du führst es gut und kompetent
durch diese turbulenten Zeiten –
und eines kann man nicht bestreiten:
Du lässt dir auch bei Sturm und Wellen
Humor und Freude nicht vergällen.
Den Aufbruch und ganz viel Bewegung
willst du – statt Christen ohne Regung,
die keinen Schritt zum andern wagen,
und nur die böse Welt beklagen.
Franziskus, das tut wirklich gut,
dass du mit Phantasie und Mut
uns neue Kirchenbilder schenkst,
und nicht in alten Bahnen denkst.
Doch nun scheint deine Kraft zerrieben.
Wo ist denn nur dein Mut geblieben?
Ja, auch für Päpste scheint es schwer,
den Feind zu lieben, der kommt quer,
um die Reformen aufzuhalten
dass möglichst alles bleibt beim Alten.
Ich will nicht, dass dein Mut zerbricht,
wenn Gegenwind weht ins Gesicht.
Doch von den übertrieben Frommen
kann keine frohe Botschaft kommen!
Es braucht jetzt Mut, Entschiedenheit,
Veränderung und neue Zeit.
Am Zölibat starr festzuhalten,
an vielem Überkommnen, Alten –
das hilft der Kirche doch nicht viel.
Erneuerung ist unser Ziel…!
So hoffen wir, dass doch recht bald,
die Frauenpower mächtig schallt,
und neben Oliver, dem Diakon,
auch Karin steht – als Diakon…!
Gehn wir den Weg beharrlich weiter,
und suchen wir genügend Streiter,
die mutig unsern Traum verfechten –
von einer ehrlichen und echten
und armen Kirche, die sich gern
bewegt auf Spuren ihres Herrn.
Du sollst auch deine Feinde lieben,
doch nirgendwo steht da geschrieben,
dass man zu allem Ja und Amen
zu sagen hat in Gottes Namen.
Wir gehn den Weg der Hoffnung weiter,
entschieden und gelassen-heiter…!
Es gibt doch Grund für Fröhlichkeit
und noch viel mehr für Menschlichkeit.
Die Freude ist es, die sich regt
und Kirche in die Zukunft trägt.
Doch Vorsicht sag ich, wenn man schaut,
wie man im Kahlgrund sich verhaut,
wie ein Konflikt wird immer schlimmer,
da frag ich mich, geht’s denn noch dümmer?
Wo Menschen um sich selber kreisen,
statt sinnvoll sich zusammenschweißen,
wo nur noch zählt „Wer hat nun Recht?“
bekommt das unsrer Kirche schlecht…!
Doch Wege aufeinander zu,
das geht nicht einfach so im Nu.
Das braucht Geduld und Demut auch,
das ist doch guter alter Brauch.
Kein Aug für Aug, kein Zahn für Zahn,
keine Vergeltung – das macht lahm.
Stattdessen wollen wir vergeben,
mit Güte eine Antwort geben.
Statt sich mit Worten und Gedanken
am Egoismus hochzuranken,
sollt man versuchen zu verstehen,
dann kann des Friedens Fahne wehen.
Das soll der Geist sein, der bestimmt,
der allen Ungeist von uns nimmt.
Statt Gängelei und Standesdenken
soll Liebe unsere Kirche lenken…!
Das sollten wir den Menschen sagen
in guten wie in bösen Tagen.
Mit einer solchen Zuversicht
heb’ ich voll Hoffnung das Gesicht,
will mit euch allen fröhlich sein,
als Friedensengel stimm’ ich ein:
Der Frieden lässt sich nie erzwingen,
doch mit viel Menschlichkeit erringen.
Die Priester, Pfarrer allenthalben
woll’n gern das letzte Wort behalten,
doch ich lad‘ ein, ihr Herrn und Damen,
ruft ihr das letzte Wort! Sagt: „AMEN!“